Styria vitalis von 1973 bis heute

Begonnen hat die Entwicklung von Styria vitalis als Sektion der Ärztekammer. Damals ging es darum, Vorsorgemaßnahmen umzusetzen.

Erst mit der Verabschiedung der Ottawa-Charta durch die WHO 1986 entstand international die Idee von New Public Health oder der Gesundheitsförderung als Intervention in Lebenswelten. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den veränderten Handlungsfeldern von Styria vitalis wider. Standen Vorsorgemaßnahmen, die z.B. in den Mutter-Kind-Pass mündeten, am Anfang der Geschichte, sind es heute die Kariesprävention, die Qualität der Gemeinschaftsverpflegung und die salutogen ausgerichtete, ressourcen- und verhältnisorientierte, partizipative Begleitung und Beratung von Kindergärten, Schulen und Gemeinden, die Gesundheit als Wert in ihrer Lebenswelt verankern wollen. Das gelingt durch das Mitdenken von Gesundheitsfolgen bei der Umsetzung der eigenen Aufgaben oder durch zusätzliche, gesundheitsbezogene Angebote.

1973 …

… wurde die „Steirische Gesellschaft für Gesundheitsschutz“ als Verein gegründet. In den ersten 15 Jahren lag der Arbeitsschwerpunkt auf der körperlichen Gesundheit und auf Aktivitäten wie Atmungs-Kreislauf-Leistungstests, sportmedizinischen und orthopädischen Untersuchungen oder in der Verhinderung arbeitsbezogener Belastungen wie Lärm.

1986 …

… starteten die ersten Aktivitäten zur Kariesprophylaxe in Kindergärten, nachdem es zuvor erste Anläufe für eine Gruppenprophylaxe in Landesberufsschulen gegeben hatte, die der damalige Wirtschaftslandesrat ermöglichte.

1987 …

… entstand in Kooperation mit den vier Gesunden Dörfern Anger, Gröbming, Markt Hartmannsdorf und Mureck der Vorläufer des Netzwerks Gesunde Gemeinde. Damit entwickelte sich in der Steiermark das österreichweit erste Netzwerk gesundheitsorientierter Gemeinden, dem mittlerweile Netzwerke im Burgenland, in Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und in Wien gefolgt sind.

1989 …

… entwickelte sich nach der pilothaften Zusammenarbeit mit der Grazer Volksschule Schippinger 1987/88 die „Gesunde Volksschule“. Nach Straß und Ehrenhausen gelang es mit den Volksschulen Peesen in Thannhausen und Klöch sowie ihren Direktorinnen Irmgard Praßl und Eva Holler-Schuster die Gesunde Volksschule als Ort des Wohlfühlens weiter zu entwickeln. Ausgehend von der schulärztlichen Untersuchung, orthopädischen Screenings, Hör- und Sehtests gab es Empfehlungen für kindgerechte Schulmöbel sowie Theaterstücke zur gesunden Jause, Angebote zum psychosozialen Bereich sowie erste LehrerInnenfortbildungen in Kooperation mit dem Pädagogischen Institut. Für die Optimierung der schulärztlichen Untersuchung engagierten sich Dr. Max Haidvogl und Drin Veronika Zobel. Schritt für Schritt erweiterte sich die Zielgruppe schulischer Gesundheitsförderung von den Kindern auf die PädagogInnen und Eltern sowie auf das an Schulen arbeitende Personal.

1990 …

… wurde mit der Verleihung der ersten „Grünen Haube“ ein weiterer Meilenstein gesetzt. Die Grüne Haube hob sich vom niederschwelligeren Gütesiegel der Gesundheitsbewussten Gaststätte ab. Bis heute verleiht Styria vitalis die Marke Grüne Haube an Gastronomie- und Hotelleriebetriebe in ganz Österreich.

2000 …

… startete Styria vitalis eine Initiative zur Prävention von Diabetes Typ 2. Ziel war die frühzeitige Identifikation von Risikopersonen, um durch einen gesünderen Lebensstil die Manifestierung von Diabetes zu verhindern. Aus dieser Initiative entwickelte sich die Mitarbeit von 23 Akteuren am europäischen Diabetes-Präventionsprojekt DE-Plan unter der Leitung der Universität von Helsinki. Ergebnis war ein Curriculum für den Einsatz von sogenannten Präventionscoaches, die in Gruppensettings Verhaltensänderungen zu gesünderen Lebensstilen in Bezug auf Bewegung und Ernährung erfolgreich begleiteten. Sie waren ein inspirierendes Vorbild für die rund um 2020 initiierten AktivCoaches in Gesunden Gemeinden.

2004 …

… übernahm Styria vitalis die vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich entwickelte Jugendgesundheitswebsite www.feel-ok.at zur Koordination und Implementierung in Österreich. Mit Partnern in allen Bundesländern und vielen Fachorganisationen steht seither den 12- bis 18-Jährigen Gesundheitsinformation zu Themen wie Alkohol und Arbeit bis Stress und Suizidalität zur Verfügung. Außerdem vermittelt die Website zu regionalen Beratungsstellen für Jugendliche, stellt Infos und Arbeitsmaterialien für PädagogInnen/MultiplikatorInnen sowie auch für Eltern bereit. Und ganz gegen den Trend der Zeit steigt die Verweildauer auf der Seite Jahr für Jahr!

2005 …

… begleitete Styria vitalis mit allen steirischen Lehrlingshäusern erstmals Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen bei der Anpassung ihrer Speisepläne im Sinne einer gesunden und ausgewogenen Ernährung. Neben der Ernährungsphysiologie stehen seither auch die ökologischen und sozialen Aspekte des Essens im Zentrum der Weiterentwicklung von Küchenbetrieben. Für das Sichtbarmachen dieser Qualitäten verleiht Styria vitalis seit 2011 den Grünen Teller, für ein vollwertig-vegetarisches Speisenangebot die Grüne Küche.

2011 …

… fiel in den Gesunden Gemeinden Arnfels, Bruck an der Mur, Kapfenberg, Lieboch und Schladming der Startschuss für das Projekt „Gemeinsam Gehen“. Ziel war die Förderung der Alltagsmobilität bei Personen 65plus durch Gehen. Sozialraumanalysen mit Menschen aus der Zielgruppe, die Gestaltung von Wegenetzkarten, die Etablierung von sozialen Begleitdiensten und die Initiierung von regelmäßigen Gehen-Treffs sind seither Angebote für Gesunde Gemeinden.

2012 …

… startete Styria vitalis auf Initiative des Gesundheitsressort „Schulbuffet OK“. Ziel war die Begleitung von Buffetumstellungen in AHS und BHS gemeinsam mit den Buffetbetrieben und den jeweiligen SchulpartnerInnen. Nach der erfolgreichen Begleitung von 19 Schulen 2012/13 engagierte sich die bei Styria vitalis eingerichtete Koordinationsstelle Schulbuffet bis Ende 2015, um alle 55 Buffetbetriebe in AHS und BHS entsprechend der nationalen Leitlinie Schulbuffet umzustellen. Wichtiger Partner war damals das Gesundheitsministerium mit seiner Initiative Unser Schulbuffet. Seit der Einrichtung der Fach- und Koordinationsstelle Ernährung im Gesundheitsfonds Steiermark berät und evaluiert Styria vitalis Buffetbetriebe und Automaten in Schulen in deren Auftrag.

… ist außerdem das Startjahr für den Gesunden Kindergarten, der aktuell im Auftrag und in operativer Kooperation mit der ÖGK Landesstelle Steiermark Kindergärten in Sachen Gesundheitsförderung steiermarkweit begleitet und vernetzt.

2013 …

… gingen wir in der Zahngesundheit der Frage nach, welche Interventionen soziökonomisch eher benachteiligte Gruppen mit und ohne Migrationshintergrund unterstützen, eine faire Chance auf gute Mundgesundheit zu eröffnen. Die entsprechenden Projekte hießen „Zähne.zeigen“ und „Kultursensible Kariesprävention“ (KUKA). Im Rahmen von KUKA entstanden im Dialog mit migrantischen Gruppen Infoblätter für Eltern in 15 Sprachen.

… starteten wir in Kooperation mit dem Institut für Gesundheitsförderung und Prävention eine umfassende Gesundheitsfolgenabschätzung zur Ganztagsschule. So bietet eine GTS mit angemessener Ausstattung und gutem Personal u.a. die Option auf täglich ein warmes Essen für alle Kinder. Ein Fortschritt, den die aktuelle Europäische Kindergarantie als Ziel wieder aufnimmt …

2014 bis 2019 …

… haben wir den Schwerpunkt Ernährung und Gemeinschaftsverpflegung mit neuen Projekten ausgebaut: „KostBar“ fokussierte den Bedarf sozial benachteiligter Familien in Bezug auf Essen und Trinken. „Herausforderung Gemeinschaftsverpflegung“ widmete sich in Kooperation mit der Küche Graz und den rund 150 von ihr belieferten Einrichtungen der Speisenqualität sowie den Kommunikationsprozessen, die gesundes Essen koproduzieren. Alle gesammelten Erfahrungen zur Gemeinschaftsverpflegung verdichten sich dann im Projekt „Mimi isst!“ im Handbuch Mittagsverpflegung als Anleitung für Gemeinden in ihrer Rolle als Erhalter von Bildungseinrichtungen.

… stand Pflege im Fokus. Einerseits ging es um die Readiness von Pflegeheimen, integrierte Gesundheitsförderungsmaßnahmen für MitarbeiterInnen, BewohnerInnen, Angehörige und Freiwillige umzusetzen. Den Projektrahmen dafür bildete „Gesundheit hat kein Alter“. Im Transfer verleihen wir seither das Gütesiegel Mobilität fördern, das Pflegewohnheime und Einrichtungen des Betreuten Wohnens für die regelmäßige, qualitätsgesicherte Umsetzung von Kursen zur Aktivierung ihrer BewohnerInnen erhalten. – Andererseits beschäftigten wir uns in Kooperation mit Gemeinden und Betrieben in der „LebensWERTEN Region“ rund um Fürstenfeld mit der Frage, was auf kommunaler und betrieblicher Ebene getan werden kann, um pflegende Angehörige zu unterstützen.

… gelang es, den österreichweit ersten Community Organizing-Prozess zur Fragestellung, welchen Bedarf Familien mit Kleinkindern in der Gemeinde haben, umzusetzen. Im Rahmen von FUN (Familien unterstützende Netzwerke) in Kapfenberg entstand so das FamilienWohnZimmer als konsumfreier Treffpunkt für diese Zielgruppe. Und weil sich Community Organizing (CO) als Methode bewährte, startete Lieboch mit dem Projekt „Nachbarschaft zusammen leben“ danach ebenfalls einen CO-Prozess zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts in der Gemeinde.

… mit „App dich fit!“ stand die Attraktivierung von Bewegung für Lehrlinge, mit „Get out!“ in Raaba, Straß und Thannhausen die Gestaltung kinder- und jugendgerechter Plätze im Freien im Mittelpunkt.

… starteten mit AGIL und LEBENDiG Projekte zu aktivem Altern mit und ohne Demenz sowie zur Gestaltung kommunaler Fürsorge für Bevölkerungsgruppen mit entsprechendem Bedarf.

… ist es gelungen, die Angebote zur PädagogInnen-Gesundheit gut zu etablieren. Dazu trägt auch die Mitwirkung im Rahmen der ARGE schul:support bei.

Seit 2020 …

… entwickeln wir Leitfäden und Angebote zur organisationalen und individuellen Gesundheitskompetenz in Gemeinden und Schulen. Unterrichtsmaterialien, die Kinder und Jugendliche bestärken, gesunde Entscheidungen zu treffen (GET), stehen aktuell für die Elementar-, Primar- und Sekundarstufe zur Verfügung. Zur Umsetzung stehen Schulungen für PädagogInnen und jährlich bedarfsgerecht hinzugefügte Themen bereit. Bestärkend ist, dass der Einsatz des Materials die Gesundheitskompetenz der Kinder nachweislich erhöht.

… gelten für Infoblätter zu Ernährungsthemen die österreichischen Kriterien guter Gesundheitsinformation (GGI). Sie werden in sogenannten Methodenreports den Empfehlungen und Tipps zu unterschiedlichen Lebensmittelgruppen zur Seite gestellt.

… bilden Kinder und Jugendliche mit Behinderung sowie deren Eltern und BetreuerInnen eine zusätzliche Zielgruppe im Rahmen des Steirischen Kariesprophylaxeprogrammes. Einrichtungsspezifische und -übergreifende Schulungen für MultiplikatorInnen stehen dabei im Zentrum für eine nachhaltige Verbesserung der Zahngesundheit bei dieser vulnerablen Gruppe von Kindern und Jugendlichen.

… ist es Ziel, der Verletzlichkeit von Kindern aus Familien mit psychisch belasteten oder kranken Eltern durch Patenschaften Resilienz und besondere Achtsamkeit entgegenzusetzen. Ab 2023 wird das Patenfamilienangebot mit Partnern aus dem sozialpsychiatrischen Bereich in der Steiermark ausgerollt. Ein Prozess, den Styria vitalis koordiniert.

… gewinnt neben der gesundheitlichen die ökologische und soziale Nachhaltigkeit an Bedeutung. Das verändert einerseits die Kriterien für die drei Gewährleistungsmarken Grüner Teller, Grüne Küche und Grüne Haube, führt andererseits zu Dokumenten wie dem Mission Statement zu gesunder Ernährung in steirischen Volksschulen oder dem Leitfaden Gesundheit in der kommunalen Raumplanung, die dazu beitragen, Zukunft gesünder zu gestalten.

… folgen den Caring Communities sogenannte Caring Spaces, Orte der kommunalen Fürsorge. Wo diese in der Gemeinde liegen können und wie sie ausgestaltet sein müssen, um zu wirken, ist Inhalt von aktuellen Projekten wie „Gemeinsam am Hof“, „WIR:Füreinander“ oder „Gesunde Straßen und Plätze“.

… konkretisiert sich das schon in der Ottawa-Charta adressierte Handlungsfeld „Gesundheitsdienste neu orientieren“ in der gewünschten Integration von gesundheitsförderlichen Prinzipien und Werten in die Versorgung. Styria vitalis hat dazu in Kooperation mit der ÖGK im Sinne des Community Needs Assessments ein Regionales Gesundheitsprofil entwickelt sowie in Weiz, Vorau und Gratwein-Straßengel erprobt, das kleinräumig den Bedarf aus der Sicht der Bevölkerung erhebt und in enger Abstimmung von Gemeinde und PVE (Gesundheitszentrum) bedarfsgerechte Maßnahmen plant.

… hat im Zuge der Pandemieerfahrung die psychische Gesundheit an Bedeutung gewonnen. Dieser Realität stellen wir uns in Zusammenarbeit mit den steirischen Bildungsregionen, in denen gerade Lernräume zur Beziehungskompetenz und schulische Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit etabliert werden.

… gilt der Pflege mehr Aufmerksamkeit. Nach der österreichweiten Erhebung des Gesundheitsförderungsbedarfs in der Langzeit- und mobilen Pflege im Auftrag des Fonds Gesundes Österreich widmen wir uns aktuell der Resilienzförderung von MitarbeiterInnen, BewohnerInnen und Angehörigen in Pflegewohnheimen. Projekttitel? RESI!