Karies stellt bei Kindern und Jugendlichen weltweit die häufigste chronische Erkrankung dar. Durch tägliches Zähneputzen, eine zahngesunde Ernährung und den regelmäßigen Zahnarztbesuch ließe sie sich zum größten Teil vermeiden. Hat ein Zahn ein durch Karies verursachtes Loch, kann dieser Schaden nur durch eine Füllung behoben, aber nicht mehr rückgängig gemacht werden. „Umso wichtiger ist es daher, mit der regelmäßigen Zahnpflege bereits ab dem ersten Zahn zu beginnen“, betont der neue STGKK-Obmann Josef Harb.
Hier setzt das Steirische Kariesprophylaxeprogramm, welches seit 1986 von Styria vitalis umgesetzt wird, an. 98 Prozent der steirischen Kindergärten und 93 Prozent der Volksschulen beteiligen sich an dem von den Steirischen Krankenversicherungsträgern und dem Land Steiermark finanzierten Programm zur Zahngesundheit. Rund 69.000 Kinder beschäftigen sich mehrmals pro Jahr gemeinsam mit einer Zahngesundheitserzieherin damit, was den Zähnen gut tut und was nicht, wie Karies entsteht und warum der regelmäßige Besuch beim Zahnarzt so wichtig ist. Immer wichtiger wird dabei auch die Zusammenarbeit mit den Eltern, deren Unterstützung die Kinder im Familienalltag brauchen.
Prävention zeigt Wirkung
Ein Blick auf die nun vorliegenden Daten der Zahnstatuserhebung 2017 macht den Erfolg dieses einzig flächendeckenden Präventionsprogrammes in der Steiermark deutlich. Waren 1989 nur 27 Prozent der steirischen 6-Jährigen nach WHO-Kriterien kariesfrei, so sind es heute bereits 66 Prozent. „Vergleicht man die österreichischen Bundesländer untereinander, so haben nur in Tirol die 6-Jährigen gesündere Zähne als in der Steiermark“, freut sich Gesundheitslandesrat Christopher Drexler. Zum Vergleich: Österreichweit sind 55 Prozent der 6-Jährigen kariesfrei.
Trotzdem bleibt noch viel zu tun
Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund und niedrigem Schulbildungsniveau der Eltern haben ein deutlich höheres Risiko, an Karies zu erkranken bzw. behandlungsbedürftige Zähne aufzuweisen. Unbehandelte Karies und ein damit einhergehender vorzeitiger Zahnverlust können aber gravierende Folgen haben. Fällt ein erkrankter Milchzahn zu früh aus, kann er seine Funktion als Platzhalter für den nachkommenden zweiten Zahn nicht mehr erfüllen, was wiederum zu Zahnfehlstellungen im Kiefer führen kann. Das Zusammenspiel von Zunge, Schneidezähnen und Gaumen ist auch für die Laut- und damit Sprachentwicklung von ganz wesentlicher Bedeutung. Nicht zu unterschätzen sind in diesem Zusammenhang auch die durch die sogenannte „Flascherlkaries“ – ausgelöst durch andauerndes Nuckeln eines gesüßten Getränks – verursachten Zahnschäden.
Eine weitere Folge stark geschädigter Zähne ist, dass sichtbar von Karies betroffene Zähne und der damit zum Teil einhergehende Mundgeruch auch das Sozialleben von Kindern beeinträchtigen.
Wie läuft eine Zahnstatuserhebung ab?
Die Auswahl der Schulen sowie die Auswahl der Kinder an diesen Schulen erfolgt im Rahmen vorgegebener Untergruppen nach dem Zufallsprinzip. Mit Hilfe eines Mundspiegels werden die Zähne der Kinder von einem Zahnarzt/einer Zahnärztin nach kariösen Schäden und fehlerhaften Zahn- und Kieferstellungen untersucht. Weiters werden sowohl den Kindern als auch den Eltern Fragen zu den Zahnputz- und Ernährungsgewohnheiten der Kinder gestellt. In der Steiermark wurden 665 Kinder in 26 Volksschulen untersucht. Die Bewertung der erhobenen Daten erfolgt nach den Kariesdiagnosekriterien der WHO. Bei der Auswertung wird nach Geschlecht, Migrationshintergrund und Bildungsstatus der Eltern unterschieden. Die Erhebung wird österreichweit alle fünf Jahre durchgeführt.
Die Steiermark im Österreichvergleich
Sowohl bei Mädchen als auch bei Buben ist in der Steiermark der Anteil jener, die nach WHO-Kriterien als kariesfrei bezeichnet werden, höher als im österreichischen Schnitt. Auf Österreichebene sind laut aktuellen Daten 56 Prozent der Mädchen und 54 Prozent der Buben kariesfrei (gesamt 55 Prozent). In der Steiermark sind es 67 Prozent der Buben und 66 Prozent der Mädchen (gesamt 66 Prozent). Ein weiterer Indikator dafür, dass die steirischen Kinder eine bessere Mundgesundheit aufweisen als im Österreichschnitt, ist die niedrigere Anzahl an von Karies betroffenen Zähnen. In der Steiermark sind im Schnitt 1,3 Zähne der 6-Jährigen in irgendeiner Form nicht mehr „naturgesund“ – d.h. aufgrund von Karies fehlend, kariös oder bereits saniert -, auf Österreichebene liegt dieser Wert bei 2,0 Zähnen.
Wichtige Einflussfaktoren: Migrationshintergrund & Bildungsstatus
Der Faktor Migrationshintergrund wurde im Rahmen der Zahnstatuserhebung so definiert, dass der Geburtsort des Kindes oder der von zumindest einem Elternteil im Ausland liegt. Die Auswertung der Daten zeigt, dass in der Steiermark der Anteil kariesfreier 6-Jähriger mit Migrationshintergrund deutlich geringer ist (46 Prozent) als jener von Kindern ohne Migrationshintergrund (74 Prozent). Weiters haben Kinder mit Migrationshintergrund laut aktueller Zahnstatuserhebung im Schnitt 2,5 nicht mehr gesunde Zähne, Kinder ohne Migrationshintergrund haben im Schnitt 0,8 kariöse, aufgrund von Karies fehlende oder sanierte Zähne.
Die durchschnittliche Anzahl unbehandelter, aktiv kariöser Milchzahnflächen pro Gebiss ist bei Kindern mit Eltern ohne Matura im Vergleich zu jenen Kindern von mindestens einem Elternteil mit Matura doppelt so hoch.
Zahngesundheitlich am stärksten benachteiligt sind daher Kinder aus Familien mit niedrigerem Bildungsstatus der Eltern und gleichzeitig Migrationshintergrund. Mit diesem Wissen hat Styria vitalis in den vergangenen Jahren ergänzend zu den schon bewährten Informationsblättern in 15 Sprachen gezielt Maßnahmen für diese Personengruppe erprobt und ausgebaut. In Beratungsstellen für Schwangere und Eltern, in Eltern-Kind-Gruppen und über Tageseltern sowie in Deutsch- und Kommunikationskursen wurde der Kontakt zu Eltern mit Migrationshintergrund gesucht. Und das mit Erfolg – wie die aktuellen Daten zeigen: „Der Anteil an 6-Jährigen mit Migrationshintergrund, die über ein völlig gesundes Gebiss verfügen, hat sich in den vergangenen fünf Jahren um 7 Prozentpunkte erhöht“, freut sich Styria vitalis-Geschäftsführerin Karin Reis-Klingspiegl über die Wirksamkeit der Maßnahmen.
Wer putzt die Zähne der Kinder?
Die Empfehlung lautet, dass Eltern bis zum 10. Lebensjahr die Zähne ihrer Kinder (nach-)putzen sollten. Im Rahmen der Zahnstatuserhebung wurden die Eltern befragt, wer die Zähne der Kinder putzt. Laut ihren Angaben putzen 57 Prozent der 6-Jährigen ihre Zähne selbst und ein Erwachsener putzt nach. 36 Prozent der Kinder putzen selbst ohne Nachputzen und bei 8 Prozent der 6-Jährigen putzt ausschließlich ein Erwachsener.
Ein deutlicher Unterschied besteht auch hier zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Während bei sechsjährigen Kindern mit Migrationshintergrund 58 % der Kinder ihre Zähne ohne Nachputzen durch einen Erwachsenen putzen, beträgt dieser Wert bei Kindern ohne Migrations-hintergrund 28 Prozent.
Maßnahmen im Rahmen des Steirischen Kariesprophylaxeprogrammes
In steirischen Kinderkrippen, Kindergärten und Volksschulen gibt es jährlich drei bzw. zwei Gruppenprophylaxe-Termine mit ausgebildeten Zahngesundheitserzieherinnen. Sie üben mit den Kindern die richtige Zahnputztechnik und vermitteln altersentsprechende Informationen zum Zahnaufbau, zu zahngesunder Ernährung, zur Entstehung von Karies sowie zum Zahnarztbesuch. Begleitend finden regelmäßig Elterninformationen zum Thema Zahngesundheit statt.
Darüber hinaus bietet Styria vitalis seit einigen Jahren verstärkt kostenlose Schulungen zum Thema Zahngesundheit für Organisationen und Personen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit mit Eltern von (Klein-)Kindern in Kontakt stehen – beispielsweise Zahnärzte, Kinderärzte, Pädagogen, Tagesmütter, Hebammen, Ausbildungs-, Beratungs- und Sozialeinrichtungen sowie Eltern-Kind-Gruppen.