Lernen, Lehren, Prüfen
Ideenpool für: Lernen und Lehren an den GKPS weiterentwickeln I Prüfungsformen zeitgemäß gestalten I mit vielen Inspirationen aus der Praxis
Wer sind Ihre SchülerInnen? Welche Voraussetzungen bringen sie mit?
So unterschiedlich die Gesellschaft ist, so sind es auch die SchülerInnen im Pflegebereich: Jugendliche, ältere Personen, Menschen, die sich beruflich neu orientieren, SchulabbrecherInnen, MaturantInnen, Alleinerziehende… Digital Natives treffen auf Menschen mit wenig IT-Knowhow… Manche haben eine weite Anreise, andere wohnen am Ausbildungsort… Die einen wissen, wie lernen geht, andere haben lange nicht mehr gelernt oder überhaupt wenig Lernerfahrung… Wie viel Zeit den SchülerInnen fürs Lernen zur Verfügung steht, ist ebenfalls unterschiedlich.
Wie können Sie als Lehrperson damit umgehen?
Am wichtigsten ist: Seien Sie sich der unterschiedlichen Voraussetzungen Ihrer SchülerInnen bewusst. Wichtig ist außerdem, dass Sie sich Anregungen holen, wie Sie mit dieser Herausforderung konstruktiv umgehen – indem Sie z.B. Ihre Lehr- und Prüfungsformen mit neuen Techniken weiterentwickeln und/oder sich mit anderen Lehrpersonen in Ihrem Bereich austauschen. Ein weiterer Tipp: Das Lehr- und Lernpensum an den GKPS ist sehr hoch und es wäre empfehlenswert, den Lernstoff zu reduzieren. Auch wenn die großen Adaptierungen bundesweit geschehen müssen, können Sie auch an Ihrer
Schule überlegen: Wie lassen sich Lernen, Lehren und Prüfen für alle Beteiligten zufriedenstellend und gesundheitsfördernd gestalten? Als Lehrperson sollten Sie bei geplanten Veränderungen eingebunden sein, denn Sie sind die ExpertInnen in Theorie und Praxis.
Hilfreich dabei: Lernerfahrungen reflektieren
Um auf Ihre SchülerInnen und deren Lernvoraussetzungen bestmöglich einzugehen, können Sie als Einstieg bisherige Lernerfahrungen reflektieren. Hier finden Sie einen Fragebogen, der die Basis dafür liefert.
Ziel: Jede Person ist anders. Und Lernen will gelernt sein. Um beide Faktoren erfolgreich zusammenzuführen, braucht es zeitgemäße, kreative und praxisorientierte Lernmethoden. Je vielfältiger diese sind, umso eher findet jede Person in Ausbildung die für sie passende Lernstrategie – diese wiederum erhöht Motivation und Erfolg.
Ansatzpunkt: Bei einer Ausbildung ist Lernen eine Selbstverständlichkeit. Trotzdem sollten Sie das Thema regelmäßig aufgreifen: Informieren Sie z.B. über Lerntypen, Mentaltechniken, Lernstrategien oder neue Erkenntnisse aus der Gehirnforschung zu Lernerfolg und Vergessenskurven. Sie können – als Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit – auch recherchieren lassen, wie Lernen überhaupt funktioniert. Wenn sich Ihre SchülerInnen bewusstwerden, dass Lernen gelernt werden will, sind die erste Schritte zum Erfolg bereits gemacht.
Hilfreiche Links: www.uni-due.de, www.lernen.net
Beispiele und Tipps für Ihre Praxis
1. Liebes Tagesbuch…: In einem Lerntagebuch werden das eigene Lernverhalten und der Umgang mit schulischen Aufgaben dokumentiert und reflektiert. In Gruppenarbeiten können die SchülerInnen regelmäßig über ihre Eindrücke, Ideen und Gedankenschlüsse diskutieren. Tipp: Das Lerntagebuch auch als Problem-Based-Learning oder als Gesundheitsförderungs-Übung für einen definierten Zeitraum umsetzen. Sie können ähnliche Tagebücher auch zu anderen Themen verfassen lassen, z.B. „Ich und mein Wohlbefinden“.
2. Selbstständiges Lernen: Einen Lernstoff selbstständig zu erarbeiten, ist eine gute Basis für den Pflegeberuf. Denn auch dieser verlangt hohe Selbstverantwortung, viel Eigenständigkeit und eine gute Einteilung von (Zeit-)Ressourcen. Mit selbständigen Lerneinheiten kann man sich die Zeit frei einteilen, aber auch inhaltliche Vertiefungen, spezifische Interessen oder persönliche Stärken herausarbeiten, was die Motivation steigert. Doch Achtung: Um mit dieser flexiblen Lernform erfolgreich umgehen zu können, braucht es eine Einschulung und Begleitung – planen Sie dafür Zeit im Unterricht ein. Diese benötigte Extrazeit können Sie können Sie durch gezielte Reduktion von Lernaufgaben hereinholen. Apropos: Das Lernpensum an den GKPS ist sehr hoch – den Lernstoff „entrümpeln“ und/oder Modulsystem mit Mindestvorgaben, das individuell zu inskribieren ist, wären empfehlenswert.
3. Analog oder digital?: Die Erfahrungen zeigten: Distance Learning funktioniert. Deshalb streben Schulen einen Mix aus Präsenz-Unterricht und eigenständigem Home-Studying an – z.B. einen Tag pro Woche mit Lernzielen. Viele empfinden das eigenständige Erarbeiten von Lerninhalten anfangs als anstrengend. Einschulung und Begleitung sind deshalb wichtig. Übrigens: Präsenz-Unterricht mit Home-Studying zu verbinden sowie vielfältige Lernmethoden anzuwenden, entspricht der Vielfalt an SchülerInnengruppen.
4. Das Gehirn ordnen: Mind Mapping ist eine kognitive Technik, die eigenständiges Lernen sehr gut unterstützt. Die Basis dafür sind „gehirngerechte“ Ordnungssysteme – die sogenannten „Mind Maps“. Mit ihnen gestalten und strukturieren die SchülerInnen auf bildhafte Art ihre Aufträge und Ziele. Die Vorteile: Lerninhalte nach eigenen Ressourcen und dem eigenen Rhythmus einteilen, trotzdem einer klaren und sehr eindrücklich dargestellten Struktur folgen. Mehr Infos hier.
5. Lösungen für Probleme finden: Beim PBL – dem Problem Based Learning – finden die SchülerInnen weitgehend selbständig eine Lösung für ein vorgegebenes Problem. Sie setzen ihr Wissen zu einem Thema flexibel und individuell ein, erhöhen innovative Denkweisen und entwickeln fächerübergreifende Kompetenzen. PBL wird bereits in einigen GKPS erfolgreich eingesetzt. Tipp für den Einstieg: schrittweises Erlernen, Üben und Reflektieren – sowohl als SchülerInnen als auch Lehrpersonen. Mehr Infos hier.
6. Rhythmus und Struktur: Eine gute Lernstruktur mit einem klaren Rhythmus ist für viele SchülerInnen sehr wichtig. Achten Sie bei den Lerninhalten deshalb auf einen guten Mix zwischen Lernen und Pausen, Konzentration und Entspannung. Tipps für Rhythmus: Die Chronobiologie empfiehlt einen zweistündigen Rhythmus: ca. 90-100 Minuten Unterricht, danach folgen 30 oder 15 Minuten Pause. Im Online-Modus ist eine 5-minütige Pause alle 45 Minuten empfehlenswert. Tipps für Struktur: Sie können kreative Lernmethoden wie PLB oder Mind Maps fix einem Wochentag zuordnen und jeweils 2 Stunden umsetzen. Oder eine Wochenstruktur festlegen, z.B. beim Fach „Ernährung“: Montag = Wasser-Tag, Dienstag = Gesunde-Jause-Tag, Mittwoch = Smoothie-Tag, Donnerstag = Bäcker-Tag, Freitag = Gesunde-Rezepte-Tag
7. Lerneinheiten in frischer Luft: Im digitalen Zeitalter sind analoge Lernmomente in der Natur besonders wichtig. Im Menüpunkt Bewegung haben wir viele Tipps für Lernen und Lehren im Freien gesammelt – übrigens auch mit Unterricht in Bewegung.
8. Das Lob der Pause: Nur wer regelmäßig Pausen macht, kann effektiv lernen. Wichtig ist aber auch, dass die Art der Pause zum Unterricht passt. Als Grundsätze gelten: Gab es vorher Frontalunterricht, sollte die Pause aktiv sein. Haben die SchülerInnen davor intensiv gearbeitet, braucht es eine entspannende Pause. Tipps für Aktivierung: Dehnen, Strecken, bewusst Gähnen, Gehen, Laufen, Hüpfen etc. Tipps für Entspannung: ins Freie gehen, bewusstes Hören der Naturgeräusche, auf einer Bank sitzen und ins Grüne schauen, die Sonne genießen, einfach Nichtstun.
P.S. Handy versenken: Das Gehirn braucht Zeit, um Gelerntes zu verknüpfen und Synapsen zu bilden. Fordern Sie Ihre SchülerInnen auf, das Smartphone mal für wenige Minuten wegzulegen. Die Neuronen danken es!
Ziel: Zeitgemäße Lehre passiert auf Augenhöhe zwischen Lehrpersonen und SchülerInnen: in Beziehung treten, partizipativ agieren und sich regelmäßig austauschen – das ist heutzutage die Basis für Lernerfolg. Dazu gehören auch vielfältige, kreative und praxisorientierte Lerntechniken.
Beispiele und Tipps für Ihre Praxis
1. Beziehungsarbeit: In Beziehung treten, an der Beziehung arbeiten und in Beziehung bleiben – das Verhältnis zwischen SchülerInnen und Lehrpersonen spielt beim Lernfortschritt eine entscheidende Rolle. Ob ein paar persönliche Worte im Unterricht, Motivation beim Lernen, Verständnis und Aufmunterung in herausfordernden Phasen oder eine gute Erreichbarkeit: Wenn die menschliche Ebene stimmt, funktioniert alles besser. Die Erfahrung zeigt, dass sozialer Austausch vor allem bei Online-Unterrichtseinheiten wichtig ist. Halten Sie die digitale Plattform dafür ein paar Minuten länger offen.
2. Erreichbarkeit: Die Basis für eine gute Beziehung ist eine klar definierte Erreichbarkeit: Legen Sie fest, zu welchen Zeiten/Tagen und über welche Kommunikationskanäle Sie für Ihre SchülerInnen erreichbar sind. Das sollte auch für Lernphasen oder Praktika, bei denen Unterstützung notwendig sind, gelten. Welche Kontaktmöglichkeiten Sie wählen, könnten Sie mit den SchülerInnen klären, z.B. Moodle, Big Blue Button, MS Teams, Padlet, Easy Soft, Skype, E-Mail, Telefon, Social-Media-Kanäle wie WhatsApp oder Signal oder Instagram.
3. Teamwork works: Auch Teamwork innerhalb des Lehrpersonals ist wichtig, denn nicht alle können alles machen. Es schont die Ressourcen, wenn Sie die Zuständigkeiten samt genauer Aufgaben festlegen, Materialien austauschen, Herausforderungen offen besprechen, sich gegenseitig bei sachlichen und mentalen Themen unterstützen, regelmäßige Teambesprechungen machen und Flexibilität zeigen. Eine positive Stimmung im Team der Lehrpersonen unterstützt ein gesundheitsförderndes Ausbildungssetting.
4. Mut zur Lücke: Stoff geben ist gut, denn Sie wollen kompetentes Pflegepersonal ausbilden. Doch wie viel Stoff braucht es wirklich? Und ist noch alles zeitgemäß? Es ist empfehlenswert, den Lernstoff regelmäßig zu hinterfragen, aufgrund der hohen Belastungen zu reduzieren und neue Schwerpunkte zu setzen. Bei diesem Prozess sollten Sie sich fragen: Was sind die Ziele? Welche Inhalte werden in der Praxis gebraucht? Was muss man unbedingt wissen? Wo sollte man nachjustieren? Wo darf es Mut zur Lücke geben? Braucht es neue Lehrmethoden? Eine andere Didaktik?
5. Aktiv und abwechslungsreich: Individuelles und gemeinsames Arbeiten, Recherche-Aufträge, Referate, Präsentationen, Breakout-Sessions im Online-Modus, Interaktionen oder Speed-Datings beim Austausch von Stoff, Beantworten von Fragen oder Sammeln von Argumenten: Je aktiver und abwechslungsreicher Sie den Unterricht gestalten, umso motivierter sind Ihre SchülerInnen bei der Sache. Zwischendurch ist aber auch der klassische Frontalunterricht sinnvoll, da Mitarbeit auf Dauer anstrengend ist. Achten Sie deshalb auf einen Mix zwischen aktiven und ruhigen Einheiten.
Lernen durch Beteiligung : Nutzen Sie die Ressourcen oder das Knowhow Ihrer SchülerInnen. Bei der Gesundheitsförderung können eine Ausbildung und der Einsatz einiger SchülerInnen als Gesundheitspeers oder -coaches eine sinnvolle Ergänzung sein.
6. Vielfalt bei den Lehrmethoden: Früher sprach man im Lernprozess von Herz / Hand / Hirn, mittlerweile weiß man, dass auch der Körper sowie die Sinne eine Rolle spielen. Bauen Sie deshalb Bewegung, Moments of Excellence, Gaumengenuss, Aromaöle etc. in Ihren Unterricht ein. Vielfalt bei den Methoden erleichtert das Lernen, bereichert den Unterricht und macht Lehrpersonen wie SchülerInnen viel Spaß. Tipps: Laufdiktate, Lückentexte, Spiele, Online-Spiele, Kahoot (Quiz-Tool), Memory, Geschichten, Tricky Questions, Richtig oder Falsch, Kreuzworträtsel…
Links zu Methodensammlungen: www.epiz-berlin.de, https://erwachsenenbildung.at
7. Digitalisiertes Lehren: Das digitale Zeitalter verändert unser Leben – und somit auch Lernen und Lehren. Viele Entwicklungen sind positiv und unterstützen Sie in der Lehre. Sie können z.B. Online-Plattformen effizient für den Unterricht oder die Information, Verwaltung und Kommunikation nützen. Eine GKPS legte auf ihrer digitalen Lernplattform einen eigenen Kurs zur „Gesundheitsförderlichen Schule“ mit u.a. folgenden Zielen an: Gesundheitskompetenz (Ernährung, Bewegung, Entspannung, mentale Gesundheit), Pausentipp, Infos zu Gesundheit und deren Förderung…
8. Prüfen und Bewerten: Prüfungen und Tests als Wissensüberprüfung sind die Klassiker. Doch es gibt auch andere Bewertungsmethoden, die kurzweiliger sind und den SchülerInnen weniger Angst machen. Im Infoblock haben wir sie zusammengefasst und vielleicht passt eine der innovativen Möglichkeiten zu Ihrem Fach?
P.S. Gesundheitsförderung leben. Die Lehrpersonen haben gesundheitsfördernde Vorbildfunktion, das zeigt sich bei den GKPS sehr klar. Ziel ist es, Gesundheitsförderung langfristig und nachhaltig im Pflegebereich zu verankern – und dabei eigene Erfahrungen einzubringen. So bleibt Gesundheitsförderung nicht nur theoretisch, sondern hat von Beginn an praktische und persönliche Bezüge.